Krankenkassen fallen wiederholt damit auf, dass sie Langzeit-Erkrankten das Krankengeld streitig machen wollen. Ein Mittel sind Kontrollanrufe, bei denen Mitarbeiter sensible Daten erfragen. Die müssen Betroffene aber nicht akzeptieren, wie nun die Verbraucherzentralen informieren.
Wer längere Zeit krankheitsbedingt im Beruf ausfällt, erhält ab der sechsten Krankheitswoche ein Krankengeld seiner Krankenkasse: vorausgesetzt, er ist als Arbeitnehmer gesetzlich versichert. Maximal 78 Wochen (546 Kalendertage) muss der Versicherer dann einen Teil des Lohnes ersetzen: in der Regel 70 Prozent des Bruttogehaltes, maximal 90 Prozent vom Nettoeinkommen.
Für die Krankenkassen aber ist das Krankengeld eine teure Angelegenheit. 13,1 Milliarden Euro gaben sie allein im Jahr 2018 dafür aus: mit steigender Tendenz, weil die Einkommen sich dank guter Konjunktur erhöhen und immer mehr Menschen wegen psychischer Krankheiten im Job ausfallen. Deshalb versuchen nun offenbar GKVen, die Betroffenen um ihr Krankengeld zu bringen: mit sehr zweifelhaften Methoden.
So berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg, sie erhalte zunehmend Beschwerden von Betroffenen über Kontrollanrufe von Kassen. Dabei würden die Mitarbeiter äußerst aggressiv auftreten und die Krankengeld-Empfänger regelrecht in die Mangel nehmen. Auch würden sie persönliche Daten abfragen, um herauszufinden, ob es ein Einfallstor gibt das Geld zu streichen.
Keine Auskunftspflicht am Telefon
Die Anrufe aber müssen sich die Betroffenen nicht bieten lassen. Zumindest insofern nicht, da die Krankenkasse gar nicht berechtigt ist, sensible Infos am Telefon einzuholen, so klärt die Verbraucherzentrale auf. Kontrollanrufe oder sogar Besuche müssen sich erkrankte Personen nicht bieten lassen.
So gibt es zwar tatsächlich eine Mitwirkungspflicht: zum Beispiel, wenn Daten unvollständig und widersprüchlich sind. Diese können aber schriftlich beantwortet werden. Allerdings sind die Auskunftspflichten gegenüber der Krankenversicherung durch einen Paragraphen des Sozialgesetzbuches (§ 275 SGB V) stark eingeschränkt. Das liegt auch daran, dass sie gar nicht berechtigt sind, Gutachten über den Krankheitszustand des Patienten auszustellen. Hierfür ist der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) verantwortlich.
„Am Telefon sind Sie nicht zur Auskunft verpflichtet! Und schon gar nicht müssen Sie für Ihre Kasse telefonisch erreichbar sein. Wir raten Betroffenen daher, der Krankenkasse mitzuteilen, dass man alle notwendigen Fragen gerne schriftlich beantwortet“, schreibt die Verbraucherzentrale Hamburg.
Aber auch hier sind den Kassen Grenzen gesetzt. So dürfen sie nicht darauf bestehen im sogenannten Selbstauskunftsbogen, Fragen zur persönlichen Situation der Patienten, ihren Urlaubsplänen, ihrem Verhältnis zum Arbeitgeber oder familiärem Umfeld zu stellen: Das sei Tabu.
Wenn die Kontrollanrufe trotzdem nicht aufhören und sich Versicherte unter Druck gesetzt fühlen, haben sie die Möglichkeit, sich beim Bundesversicherungsamt und Bundesdatenschutzbeauftragten über die Kasse zu beschweren.