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Rente mit 63: Stärker nachgefragt als erwartet

Früher in Rente gehen, ohne Abschläge in Kauf nehmen zu müssen? Viele Menschen träumen davon. Zumindest für einige Menschen eröffnete der Gesetzgeber aber tatsächlich diesen Weg. Denn  das „RV-Leistungsverbesserungsgesetz“ machte einen früheren Bezug der Altersrente für „besonders langjährig Versicherte“ ab dem 01.07.2014 möglich: Die so genannte „Rente ab 63“. Seitdem gilt: Wer eine Mindestversicherungszeit für Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung von 45 Jahren erfüllt, kann früher in Rente gehen, ohne Abschläge hinnehmen zu müssen.

 

Schwere Bedingung: Wartezeit von 45 Jahren

Die Bedingungen freilich sind streng und sind nicht von jedem erfüllbar. Denn 45 Jahre Pflichtbeiträge aus Beschäftigung oder Pflege sowie Zeiten der Kindererziehung bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes müssen erbracht werden, bevor tatsächlich eine abschlagsfreie frühere Rente bezogen werden kann. Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld oder Anrechnungszeiten eines Schul- oder Hochschulbesuchs jedoch werden nicht berücksichtigt.

Auch gilt: Ebenfalls nicht berücksichtigt werden Zeiten der freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung, solange nicht mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge geleistet wurden. Freiwillige Beiträge in der gesetzlichen Rentenversicherung werden demnach nur unter sehr erschwerten Bedingungen für einen früheren Rentenbezug ohne Abschläge bedacht.

 

„Rente ab 63“ wird „Rente ab 65"

Gerade in Zeiten unsteter Erwerbsbiographien können immer weniger Menschen eine solche Mindestversicherungszeit erfüllen. Auch ist die Bezeichnung „Rente ab 63“ , streng genommen, falsch. Denn die Sonderregelung von 2014 wurde auf die allgemeinen Erhöhung des Rentenalters – die Regelaltersrente mit 67 – abgestimmt. Hatte doch schon in 2007 der Gesetzgeber beschlossen, das Regelalter für eine gesetzliche Rente anzuheben.

Auch nach Einführung der Sonderregel betrifft dieses erhöhte Rentenalter all jene, die nicht eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllen: Nach 1963 geborene Versicherte erreichen die Regelaltersgrenze für eine gesetzliche Rente ohne Abschläge demnach erst mit 67 Jahren anstatt, wie noch bis zur Reform, mit 65 Jahren. 2031 ist dieser Übergang zur „Rente mit 67“ abgeschlossen.

Dieser Übergang aber spiegelt sich auch in Bedingungen der Sonderregel für besonders langjährig Versicherte wider: Das Mindestalter dieser Sonderregelung wird schrittweise angehoben. Aus einer „Rente ab 63“ für besonders langjährig Versicherte wird demnach eine „Rente ab 65“. Die Regelung der „Rente ab 63“ galt konkret für den Geburtsjahrgang 1952. Für jedes spätere Geburtsjahr verschiebt sich der mögliche Renteneintritt um zwei Monate nach hinten. So konnte beispielsweise der Geburtsjahrgang 1953 erst mit 63 Jahren und zwei Monaten in den Ruhestand wechseln. Für angehende Rentner, die 1964 geboren sind, ist der abschlagsfreie Übergang in die Rente erst mit 65 Jahren möglich. Schritt um Schritt erhöht sich demnach auch das Mindestalter für diese abschlagsfreie frühere Rente über die Sonderregelung.

Frühere Rente: Nachfrage übersteigt Erwartungen

Trotz dieses Einwands einer schrittweisen Erhöhung und schwer zu erfüllender Bedingungen durch die Mindestversicherungszeit ist die „Rente ab 63“ ein Erfolgsmodell. Das gilt seit Einführung der Sonderregelung in 2014. So wurden im Oktober 2014 und damit vier Monate nach der Einführung bereits 137.000 Anträge für die Rente mit 63 gestellt. Die Nachfrage steigt seitdem stetig an.

Das bisher stärkste Jahr zeichnete sich 2017 ab. Damals hatten insgesamt 253.521 Senioren einen Antrag auf die abschlagsfreie Rente gestellt, wie aus Zahlen der Deutschen Rentenversicherung (DRV) hervorgeht. 2018 war die Nachfrage leicht zurückgegangen: knapp 251.000 Personen wollten die Regelung nutzen.

Trotz dieses Rückgangs aber ist die Nachfrage höher, als durch den Gesetzgeber gedacht. Denn im Gesetzentwurf der damals zuständigen Ministerin Andrea Nahles (SPD) waren etwa 200.000 Fälle je Jahr einkalkuliert worden. Für die Rentenkasse bedeutet die Sonderregelung eine höhere Last: Im Oktober 2019 stiegen die Kosten auf über zwei Milliarden Euro im Monat an. Allerdings muss bei Nennung solcher Zahlen bedacht werden: Einige Rentner wären auch ohne Sonderregel früher in den Ruhestand gegangen, dann unter Inkaufnahme von Abschlägen. Wie hoch Kosten der Sonderregelung für die Rentenkasse demnach tatsächlich sind, lässt sich nicht zuverlässig abschätzen.

Früher in Ruhestand? Private Vorsorge hilft

Jedoch sollte für die „Rente ab 63“ bedacht werden: Nicht nur durchbrochene Erwerbsbiographien mit vielen Wechseln machen eine Wartezeit von 45 Jahren zukünftig immer unwahrscheinlicher. Die Sonderregel gilt einem Auslaufmodell. Zudem lastet der demografische Wandel auf der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung. Müssen in einer alternden Gesellschaft doch immer weniger Beitragszahler für immer mehr Rentner aufkommen.

Der Gesetzgeber reagierte auf diese Herausforderung mit dem Altersvermögensgesetz (AVmG): Stabile Beiträge sollen längerfristig gesichert werden, dafür aber nimmt man ein sinkendes Rentenniveau in Kauf. Renten werden also zukünftig im Verhältnis zu den Durchschnittslöhnen sinken, wodurch Vorsorgelücken im Alter drohen. Unter solchen Bedingungen könnte ein früherer Ruhestand nicht mehr machbar sein.

Schon aus diesem Grund ist es wichtig, auch privat vorzusorgen. Zeigen doch außerdem Instrumente wie die staatlich geförderte Riester-Rente oder die Basis-Rente oder zeigt das so genannte „Betriebsrentenstärkungsgesetz“: Der Gesetzgeber will ganz gezielt die kapitalgedeckte Altersvorsorge stärken. Wer also frei entscheiden will, wann er in den Ruhestand geht, sollte sich ratsuchend an einen Experten wenden. Denn nur wer vorsorgt, kann auch sicher und frei seinen Ruhestand planen.

 

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