Zahnersatz kann teuer werden. Seit 2005 beteiligen sich die Krankenkassen nur noch durch einen Festzuschuss an den Kosten. Alles weitere muss der Versicherte selber tragen – sowohl die Differenz des Zuschusses zu den Gesamtkosten (oft 50 Prozent) als auch zusätzliche Leistungen. Dieses Problem führt viele Menschen ins europäische Ausland, um bares Geld zu sparen.
Aufgrund der europarechtlich garantierten Dienstleistungsfreiheit kann auch für die Behandlung in EU-Ländern ein Festzuschuss bei der Krankenkasse geltend gemacht werden. Ein wahrer Zahnersatz-Tourismus hat sich aufgrund dieser Möglichkeit entwickelt, da Behandlungskosten in diesen Ländern oft wesentlich günstiger sind – Zahnärzte in Polen, Tschechien oder Ungarn bieten ganz gezielt Behandlungen für deutsche Patientinnen und Patienten an. Wer aber für eine solche Behandlung Geld von seiner Krankenkasse erhalten will, muss die Bedingungen des deutschen Rechts beachten. Das erfuhr nun auch eine Frau vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.
Qualitätskriterien mangelhaft
Die Frau hatte zuvor ihre Krankenkasse verklagt. Ursache war folgender Vorgang: Die Frau benötigte Zahnersatz sowohl für den Ober- als auch Unterkiefer, ließ sich dafür einen Heil- und Kostenplan durch einen deutschen Zahnarzt erstellen, 4986,85 Euro hätte der Eingriff gekostet. Für diesen Heil- und Kostenplan gab die Krankenkasse auch ihre Zustimmung. 1433.53 Euro hätte die Frau von der Behandlung selber tragen müssen, denn aufgrund des Kostenplans genehmigte ihre Krankenkasse einen doppelten Festzuschuss in Höhe von 3553,32 Euro.
Da ergab sich jedoch für die Frau die Möglichkeit, durch Behandlung in Polen Geld zu sparen – eine polnische Zahnärztin orientierte sich am Heil- und Kostenplan des deutschen Arztes und führte die Behandlung für 3254,60 Euro durch. Ein neuer Plan der polnischen Praxis aber wurde der Krankenkasse nicht durch die Patientin vorgelegt. Das führte zu einer bösen Überraschung: Obwohl die gesamte Behandlung sogar billiger war als der genehmigte Festzuschuss, verweigerte die Kasse nun einen Teil der Kostenübernahme.
Das hatte seinen guten Grund: Ein medizinisches Gutachten im Auftrag der Krankenkasse ergab, dass die Versorgung im Unterkiefer nicht den in Deutschland geltenden Qualitätskriterien entsprach. Also war die Krankenkasse einzig bereit, die Kosten von 1669,40 Euro für die erfolgte Versorgung im Oberkiefer zu übernehmen.
Niederlage in zweiter Instanz
Das wollte die Frau so nicht hinnehmen, klagte zunächst vor dem Sozialgericht Braunschweig auf Erstattung weiterer Kosten in Höhe von 1883,92 Euro – und bekam in erster Instanz sogar Recht. Die verklagte Kasse jedoch ging in Berufung vor dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, verwies auf den fehlenden Heil- und Kostenplan und die nicht standardgerechte Versorgung – und konnte sich damit nun vor dem Landessozialgericht durchsetzen: Das Urteil des Sozialgerichts wurde aufgehoben und die Klage der Patientin wurde abgewiesen.
Denn das Fünfte Sozialgesetzbuch fordert, dass vor jeder Behandlung ein Heil- und Kostenplan erstellt wird, der es einer Kasse erlaubt, die Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit der geplanten Behandlung insgesamt zu überprüfen. Erst nach Genehmigung dieses Plans muss die Kasse den Festzuschuss zur Behandlung gewähren. Wichtig ist stets, dass die Genehmigung im Voraus der Behandlung zu erfolgen hat und dass zudem der behandelnde Arzt beziehungsweise die behandelnde Praxis den Plan erstellt.
Die Art der Prüfung muss nämlich in jenem Umfang erfolgen, dass auch jeweils spezifische Bedingungen geprüft werden, die mit jeder Praxis wechseln können – zum Beispiel Herstellungsort und Art des verwendeten Zahnersatzes. Weil die Frau demnach nicht einen Heil- und Kostenplan der polnischen Ärztin durch ihre Kasse genehmigen ließ, hat sie auch keinen Anspruch auf den Festzuschuss.
Forderung nach Plan kein Verstoß gegen Dienstleistungsfreiheit
Anders als von der Kläger-Partei behauptet, stellt eine solche Orientierung an inländischem Recht (und damit dem Fünften Sozialgesetzbuch) auch keine Diskriminierung dar, welche die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit behindern würde. Vielmehr gelten Leistungsvoraussetzungen und Begrenzungen des Leistungsumfangs, die im nationalen Recht angelegt sind, auch für Behandlungen im europäischen Ausland uneingeschränkt. Die Kasse muss also nicht im Ausland Leistungen abdecken, zu deren Abdeckung sie im Inland nicht verpflichtet wäre. Auch muss die Kasse keine Leistungen genehmigen, die zum Beispiel nicht deutschen Standards entsprechen.
Zahnzusatzversicherungen können helfen
Wer sich vor derartigen rechtlichen oder qualitativen Fallstricken einer Auslandsbehandlung oder vor finanziellen Risiken durch notwendigen Zahnersatz absichern will, für den könnte sich eine Zahnzusatzversicherung lohnen. Denn diese springt anteilig oder ganz für die zu leistende Zuzahlung bei Zahnersatz ein. Die Popularität solcher Versicherungen ist groß, weswegen sich viele Produkte auf dem Markt befinden.
Wichtig aber ist, folgende Dinge zu beachten: So leistet eine Zahnzusatzversicherung oft nicht für Schäden, die schon vor Abschluss der Versicherung bestanden. Auch wird in den ersten Jahren oft nur ein eingeschränkter Betrag gezahlt, so dass Behandlungen nur zum Teil abgedeckt sind. Ein zeitiger Abschluss der Zahnzusatzversicherung bei einwandfreien Zähnen kann also von Vorteil sein.
Wichtig ist auch, dass sich Zahnzusatztarife im Leistungsumfang sehr unterscheiden können und einige Versicherer bestimmte Leistungen nicht mit ihren Tarifen abdecken. Beratung kann hier helfen, um sich in den vielen angebotenen Produkten der Zahnzusatzversicherung zu orientieren.